Vor vierzigtausend Jahren bemalten steinzeitliche Künstler Höhlenwände in Spanien und Indonesien mit Pigmenten - die Kunst war geboren (laut Mel Brooks liegt die Geburt der Kunst und Kunstkritik sogar in noch weiter in der Vergangenheit). In den seither vergangenen Äonen wurden kreative Inhalte stets von Hand geschaffen. Doch die Zeiten ändern sich. Wir müssen unser Denken über die Grenzen der von Hand geschaffenen Inhalte hinaus bewegen, da wir zunehmend kreative, programmatisch erstellte Inhalte vorfinden. Hier ein paar Beispiele, die allein aus dem letzten Monat stammen:

  1. GoPro-KampagneAdweek zeichnete die GoPro-Kampagne “There’s a Hero in All of Us” (In jedem von uns steckt ein Held) mit dem Preis für den Medienplan des Jahres in der Kategorie “Bester Einsatz eines Programms” aus. Die Kampagne wurde in 14 Ländern mit 9 verschiedenen Sprachen und 5 unterschiedlichen Währungen veröffentlicht. Sie enthielt 1600 adressierbare Inhalte, die die individuellen Kunden ansprechen sollten. Deutsche Kunden bevorzugen beispielsweise Fotografie auf Reisen - ihnen wurde also höchstwahrscheinlich eine Anzeige gezeigt, die die Wasserfestigkeit der Kamera unterstreicht. Durch die Kampagne entstanden über 150 Millionen Impressionen und für jeden ausgegebenen Dollar wurden 7 Dollar Gewinn erzielt. (Quelle)

  2. Es sind jedoch nicht nur Bilder. Ebenfalls im September kündigte YouTube die Funktion “Director Mix” an, mit deren Hilfe Werbetreibende Tausende Variationen der gleichen Videoanzeige erstellen und diese dynamisch bereitstellen können. Der Suppenhersteller Campbell veröffentlichte beispielsweise Clips aus der Netflix-Serie “Orange is the New Black” auf YouTube und versah sie mit dem Slogan: “Does your cooking make prison food seem good?” (Machen Ihre Kochkünste Gefängnismahlzeiten geradezu attraktiv?). Personen, die sich das Musikvideo zu Beyonces “Single Ladies” ansahen, zeigte Campbell einen ähnlichen Spot, allerdings mit dem Slogan “Dinner for one?” (Sie essen alleine?) (Quellen 1, 2, 3)

Durch zunehmende Personalisierung und genaueres Targeting entsteht ein nicht zu sättigendes programmatisches Werbemonster, wodurch die Erstellung von Inhalten für Marketinganstrengungen zum Engpass wird. Niemand ist dazu in der Lage, mit von Menschenhand geführten kreativen Prozessen eine Million unterschiedlicher Anzeigen zu erstellen. Aber es gibt Anzeichen dafür, dass eine praktisch unbegrenzte Inhaltserstellung in nicht allzu ferner Zukunft möglich ist.

Bevor wir uns jedoch über diese Zukunft unterhalten, möchte ich Ihnen ein kleines Beispiel für die Inhaltserstellung als Engpass vor Augen führen. Stellen Sie sich vor, dass Sie eine Kampagne für ein Automodell starten. Hierfür benötigen Sie beispielsweise eine Facebook-Anzeige. Dafür wenden Sie sich an Ihre Creative-Direktorin Melinda und bitten sie um Hilfe.

Melinda ist ein Ass auf ihrem Gebiet und legt Ihnen innerhalb nur weniger Tage und mit sehr geringem Input eine Anzeige vor. Es ist Freitag und sie antwortet Ihnen. Leider entspricht das Ergebnis nicht ganz Ihren Vorstellungen (wobei Ihre Anfrage auch eher schwammig war).

Natürlich handelt es sich hier um ein recht albernes Beispiel. Es ist generell keine gute Idee, jemanden per SMS um Hilfe zu bitten (aber wir alle wissen, dass wir in großen Unternehmen alle uns zur Verfügung stehenden Werkzeuge nutzen müssen, um mit den manchmal recht umständlichen vorhandenen Systemen arbeiten zu können).

Wichtiger ist jedoch, dass uns das Beispiel zeigt, wie viel Zeit durch die Erstellung von Inhalten verschwendet wird, die anschließend abgelehnt und neu erstellt werden. Hätten wir eine kompliziertere Anzeige - wie beispielsweise ein Video - angefragt, wäre die Zeitverschwendung um ein Vielfaches größer gewesen. Am wichtigsten ist vielleicht jedoch, dass Marketingexperten die Entscheidung darüber, wie Anzeigen auszusehen haben, fast schon zwischen Tür und Angel treffen. Es wurde nicht kommuniziert, welcher Flughafen, welche Lackfarbe und welches Model genutzt werden sollten.

So werden Inhalte also traditionell und von Hand erschaffen. Wie ändert sich dieser Schaffungsprozess jedoch durch das schiere Ausmaß an Inhalten, die für programmatische Anzeigen benötigt werden? Wir beobachten hier eine stärkere Verknüpfung der drei Komponenten der kreativen Lieferkette: Produktion kreativer Inhalte, Verwaltungsplattformen für diese Inhalte und dynamische Optimierungstools für sie, die Anzeigenkombinationen erstellen (über diese sowie programmatische Kreativerstellung für Kanäle (Facebook, YouTube usw.) erfahren Sie hier mehr), um den Engpass der Inhaltserstellung zu umgehen.

Mithilfe der Targeting-Beschreibung, die ein Marketingexperte im Sinn hat - beispielsweise Flughafen, Geschlecht und Alter des Models, Text für die Handlungsaufforderung und Kopie -, können passende Inhalte direkt aus dem DAM-System gezogen und im Handumdrehen 35.000 (oder 35 Millionen) Anzeigenvarianten auf einer Kreativ-Verwaltungsplattform erstellt werden, die sich anschließend auf Kanäle hochladen lassen, die eine programmatische kreative Zusammenstellung erlauben, mit deren Hilfe sich die Anzeigen auf das jeweilige Zielpublikum zuschneiden lassen.

Diese Technik kann auch außerhalb des Marketings für die Optimierung eigener Medien genutzt werden - darunter auch für Multivarianztests von Inhalten für Buchungsportale oder Seiten von Einzelhändlern. Für Multivarianztests (wie Personalisierung) müssen unzählige Kombinationen von Inhalten generiert werden, die dann direkt miteinander verglichen werden, um die wirksamsten Kombinationen zu bestimmen. Wenn man nun, wie es häufig getan wird, Testprogramme mit Personalisierung kombiniert, werden potenziell sogar noch mehr Varianten benötigt.

Wenn Ihre Kreativabteilung oder Agentur also nach wie vor darauf besteht, jede einzelne Variante jeder Anzeige von Hand zu prüfen, werden Sie hieraus zunehmend Nachteile erfahren. Es ist (allerhöchste) Zeit damit zu beginnen, die eigenen Prozesse für eine schnellere Produktion umzustrukturieren und die programmatische Natur der Moderne mit offenen Armen willkommen zu heißen.

In meinem nächsten Beitrag möchte ich von einem Trend berichten, der in engem Zusammenhang mit der Programmatik steht - genau wie die Zahl der Inhalte abnimmt, die wir Marketingexperten persönlich erschaffen, schrumpft auch die Aufmerksamkeitsspanne unserer Zielgruppen. Was bedeuten immer kurzlebigere Inhalte für das DAM? Bleiben Sie dran und finden Sie es heraus!

Wenn Ihnen diese Beitragsserie gefällt, können Sie sich gerne mit uns auf der Mitte November stattfindenden Konferenz DAM LA 2017 über DAM-Trends unterhalten und darüber austauschen, wie Sie darauf reagieren können. Mit dem Aktionscode “URI100” können Sie sich mit Ermäßigung für die Teilnahme registrieren. Ich werde meine Ideen zu diesem Thema im Rahmen einer Hauptrede am ersten Tag der Konferenz genauer ausführen und auch am zweiten Tag in einer Podiumsdiskussion bei den Anbietern anbringen. Ich würden mich freuen, Sie dort persönlich treffen zu können.

In Teil 1 dieser Serie beschrieb ich in einem kurzen Überblick einige Annahmen, die sich im Laufe der Zeit in der DAM-Community entwickelt haben und die wir noch einmal unter die Lupe nehmen sollten. In Teil 2 behandelte ich die erste dieser sieben Annahmen genauer und wies darauf hin, dass die Verwaltung von Inhalten über Silogrenzen hinweg immer wichtiger, gleichzeitig aber auch immer einfacher wird. In meinem heutigen Beitrag möchte ich über eine weitere Annahme sprechen.