“Fallmanagement” ist einer dieser wunderbaren Begriffe, mit denen sich die Menschen entweder extrem gut auskennen und von denen sie genau wissen, was dahintersteckt, oder mit denen sie rein gar nichts anfangen können. Was also ist Fallmanagement?
Das Wort “Fallmanagement” klingt nach der Verwaltung von einem Fall oder Datensatz, der zu einer bestimmten Einheit, vielleicht einem Kunden oder Patienten, gehört. Zur Verwaltung dieses Falls würden unterschiedliche Aspekte gehören, beispielswiese die Speicherung aller relevanten Informationen in Bezug auf den Fall, aber auch eine Reihe Handlungen, die dafür durchgeführt werden können - wie das Genehmigen eines Darlehensantrags.
Diese an praktischen Beispielen orientierte Definition des Begriffs “Fallmanagement” beschreibt perfekt, wie die meisten Menschen über dieses Thema denken. Außerdem erklärt es die auf das Rechts- und Gesundheitswesen sowie den Finanzsektor konzentrierten Ergebnisse, die Suchmaschinen bei Eingabe des Begriffs ausgeben. Beim Fallmanagement geht es jedoch um weit mehr als nur um Lösungen für die Datenspeicherung und für Umsetzungen, und es kann in allen Branchen eingesetzt werden, nicht nur in den oben genannten.
Wenn wir also genau begreifen möchten, was Fallmanagement für reale Organisationen bedeutet, müssen wir dessen drei Säulen kennen: das Warum, das Wie und das Was.
In diesem Beitrag möchten wir Ihnen dieses Warum, Was und Wie des Fallmanagements vorstellen und zeigen, wie sich eine Reihe einfacher Technologien so kombinieren lässt, dass sie innerhalb einer Organisation maßgebliche Ergebnisse und vorteilhafte Änderungen bieten.
Fallmanagement mag langweilig und uninteressant klingen. Wir können Ihnen aber versichern, dass Sie nach Abschluss dieser Serie verstehen werden, warum dieser Eindruck vollkommen falsch ist, und Sie werden bereit sein, das Fallmanagement auch in Ihrer Organisation einzusetzen.
Warum Fallmanagement?
Einige von Ihnen sind möglicherweise alt genug, sich noch an eine Arbeitswelt ohne E-Mails und Tabellenkalkulationsprogramme zu erinnern. Damals regierte das Papier. Es gibt zwar auch heute noch Organisationen, die hauptsächlich mit Papier arbeiten, sie sind aber eine vom Aussterben bedrohte Minderheit. Eine effektive, moderne Organisation arbeitet wo dies möglich ist digital mit E-Mails, der Cloud und Mobilgeräten. Systeme für Dokumentenmanagement (DM) und Enterprise-Content-Management (ECM) ermöglichen es diesen Organisationen seit vielen Jahren, ihre digitalen Assets zu verwalten - die meisten nutzen sie jedoch lediglich zum Speichern und Verwalten von Daten. Doch hier fehlt etwas.
Das fehlende Puzzleteil versteckt sich in all den Tabellenkalkulationen, die Sie noch immer benutzen, um Ihre Arbeit zu erledigen. Da wäre zum Beispiel der Bericht, den Sie jeden Monat für Ihren Chef erstellen und für den Sie Daten aus drei verschiedenen Systemen benötigen, die Sie mühsam und zeitaufwändig herauskopieren müssen. Ihre Systeme arbeiten anscheinend unabhängig voneinander und Sie sind der wichtige Kitt, der alles zusammenhält, sobald Informationen benötigt werden.
Dieses fehlende Puzzleteil ist das Fallmanagement - oder genauer: das Enterprise-Fallmanagement.
Was ist Fallmanagement?
Jede Organisation hat ihre ganz eigenen Abläufe und jeder interne Ablauf unterscheidet sich von allen anderen. Jeder ist einzigartig, oder? Nun ja, mehr oder weniger.
Jede Organisation und ihre zugehörigen Prozesse besitzen gemeinsame Elemente. Bei jedem Rechnungsverarbeitungsprozess sind Rechnungen und diverse Genehmigungsschritte zu finden, für jeden Versicherungsanspruch ist mindestens ein Sachbearbeiter und ein Antragsteller verantwortlich, und jeder verfügt über ganz eigene Datensätze.
Diese Elemente sind die Bausteine einer Fallmanagementlösung und lassen sich in folgende Kategorien einteilen:
- Informationen
- Aktionen
- Menschen
- Schnittstelle
Informationen sind genau das, was uns der Begriff schon vorgibt: alle Informationen, die benötigt werden, um im Rahmen des “Falls” etwas unternehmen zu können. Hierbei kann es sich um Namen und Adressen oder um eine Dashcam-Aufnahme eines Autounfalls handeln: Welche Daten genau im Spiel sind, variiert von Lösung zu Lösung. Wichtig ist nur, dass die Lösung mit allen Datentypen umgehen kann, die benötigt werden.
Aktionen sind Aufgaben oder Prozesse, die im Rahmen des Falls durchgeführt werden. Hierbei kann es sich einfach um die Aufzeichnung einer Beschwerde handeln, wenn ein Kunde in einem Kontaktcenter oder bei einer Hotline anruft, oder um komplexe Reihen voneinander abhängiger und unabhängiger Interaktionen und Beziehungen wie beispielsweise bei der Prognose des Jahresumsatzes Ihres Unternehmens für die kommenden 12 Monate. Auch hier variieren die Details, der Ansatz ist jedoch derselbe.
Menschen in und möglicherweise auch außerhalb der Organisation, die mit der Lösung interagieren müssen. Hierzu gehören natürlich in erster Line Mitarbeiter der Organisation, die die Lösung einsetzt, aber unter Umständen auch Kunden, Patienten, Partner oder Lieferanten. Ein gutes Beispiel hierfür ist, wie Airlines ihre Flugpassagiere einchecken. Heutzutage checken sich die meisten Menschen per Computer oder Mobilgerät selbst ein, anstatt dies durch einen Mitarbeiter der Airline durchgeführt wird. Es hat mehrere große Vorteile, relevanten Benutzern zum richtigen Zeitpunkt Zugriff auf die Lösung zu gestatten - beispielsweise eine effizientere Nutzung der Zeit Ihrer Mitarbeiter oder ein besseres Kundenerlebnis.
Nun fehlt noch die Schnittstelle, in der sich (unter anderem) formelle Aufzeichnungen, Kalender, Kontaktlisten und Benachrichtigungssysteme finden. Hier werden alle anderen Elemente zusammengeführt - hier geben Benutzer Daten ein und rufen sie ab, und entsprechende Handlungen werden durchgeführt. In diesem Zusammenhang können wir gar nicht genug darauf hinweisen, wie wichtig die Rolle von Mobilgeräten ist, besonders für die Interaktion zwischen Unternehmen und Konsumenten oder Regierungen und Bürgern. Auch das, was wir “Omni-Channel-Interaktion” nennen, kann nicht genug betont werden: unverzichtbar für eine einheitliche Oberfläche und Erfahrung, unabhängig vom verwendeten Gerät.
Informationen, Aktionen, Menschen und Schnittstelle sind das “Was” des Fallmanagements. Wir wissen nun, warum wir das Fallmanagement benötigen und was seine Kernkomponenten sind - so als wenn wir wissen, dass wir für unsere Geburtstagsfeier einen Kuchen brauchen und alle Zutaten haben, doch ohne Rezept und Mengenangaben nicht sicher sein können, ob wir den perfekten Kuchen zaubern können.
Wie kombinieren wir nun also die Komponenten so, dass wir in unserer Organisation mit Fallmanagement arbeiten können?
Wie funktioniert Fallmanagement?
Die Antwort scheint recht simpel: Wir vereinen Informationen, Aktionen, Menschen und Schnittstelle mithilfe von Fallmanagement-Tools. Die Umsetzung gestaltete sich in der Vergangenheit aber erfahrungsgemäß sehr viel weniger einfach, da eine Vereinigung der Elemente mithilfe der verfügbaren Tools nicht möglich war. Hierfür gibt es zahlreiche Gründe.
Informationen lassen sich nur schwer einbinden.
Umfragen von AIIM zeigten, dass 75 % aller Organisationen mit mehr als einem ECM-System arbeiten. Das heißt, dass sie ihre Informationen an mindestens fünf Orten speichern können - zu denen E-Mail-Systeme und reguläre Ordnerstrukturen normalerweise nicht gehören. Die Verbindung dieser Systeme untereinander war in der Vergangenheit schwierig, doch neue sogenannte “Inhaltsdienstplattformen” erleichtern uns dieses Unterfangen. Man versucht nicht, sie als einzige Plattform für die Informationsspeicherung zu verkaufen (ein Fehler, den viele ECM-Anbieter machen), sondern als Ort, an dem man Informationen und Inhalte “versteht” - Sie sind also der Dirigent und nicht das gesamte Orchester. Diese neuen Systeme bieten einen Ort, an dem die Verbindungen zwischen Systemen definiert werden können, und eine einfache Möglichkeit, die Daten zu nutzen, mit denen die anderen Systeme arbeiten.
Die gemeinsame Nutzung von Informationen war schwierig.
Für viele Organisationen ist das Teilen von Informationen sowohl ein philosophisches als auch ein praktisches Problem. In der Vergangenheit verwaltete man Unternehmen, indem man seine Daten auf alle nur möglichen Wege schützte und nichts freigab, was man nicht zwingend freigeben musste. Informationssicherheit genießt zwar noch immer oberste Priorität, doch eine solch extreme Geheimniskrämerei wird heute kaum noch praktiziert. Unsere neue Wirtschaftsordnung fordert Kollaboration bzw. die Freigabe von relevanten Informationen, Ressourcen und Arbeiten, um mehr zu erschaffen als nur die Summe ihrer Einzelteile - und die Wirtschaftsordnung profitiert davon. Allerdings führte dies zu vielen Herausforderungen, die die praktischen Aspekte der Freigabe von Unternehmensdaten über physische und virtuelle Grenzen hinweg betrafen, doch Fortschritte der Cloud-Architektur, Dateisynchronisation und Freigabe-Tools sowie die von Inhaltsdienstplattformen genutzten Sicherheitsvorkehrungen bedeuten, dass eine sichere, nachverfolgbare Freigabe heute im Bereich des Möglichen liegt.
Fälle lassen sich nur schwer codieren.
Für viele Organisationen besteht die Schwierigkeit des Fallmanagements darin, dass Fälle sehr viel dynamischer und ereignisabhängiger sind als andere Prozesse. Bei der Verarbeitung von z. B. Rechnungen wird nach einem sehr strukturierten Muster vorgegangen und für jeden Verfahrensschritt gibt es wohldefinierte In- und Outputs. Die Bearbeitung eines Schadensfalls für eine Versicherung ist da schon komplizierter. Als Benutzern nur wenige Tools für die Verwaltung dieser Spontanfälle zur Verfügung standen, mussten sie wohl oder übel das flexibelste Mehrzweck-Tool nutzen, das ihnen zur Verfügung stand: Tabellenkalkulationsprogramme. Oder sie verteilten die ausgedruckte Fallakte über den ganzen Schreibtisch, um sich einen Überblick zu verschaffen. Doch auch hier gibt es nun Abhilfe. Die oben beschriebenen Inhaltsdienstplattformen verfügen über Drag-and-Drop-Tools, für die wenig oder gar kein Code benötigt wird. So können Anwender in Unternehmen einfache Fallmanagementlösungen zusammenstellen, die Daten aus mehreren Quellen beziehen, einfache (oder bei Bedarf auch komplexe) Arbeitsabläufe zulassen und die Durchführung von Aktionen über elegante, benutzerfreundliche Schnittstellen ermöglichen, die zudem auch mobilgerätekompatibel sind. Der Vorteil der Verwaltung über eine Plattform anstatt in einer einzelnen Datei ist, dass sich die Lösung nach ihrer Erstellung ganz einfach mit anderen teilen, erweitern und so häufig wiederverwenden lässt, wie die Benutzer sie benötigen.
Das ist erst der Anfang.
Ich bin mir sicher, dass Ihr Gehirn gerade auf Hochtouren läuft und Sie an all die Bereiche in Ihrer Organisation und Ihrem eigenen Arbeitsalltag denken, für die Sie Fallmanagement sinnvoll einsetzen könnten - lesen Sie aber noch kurz weiter. Was ich oben beschrieben habe, ist erst der Anfang. Im Laufe der kommenden Monate möchten wir Sie in einer Reihe detaillierter Blog-Beiträge tiefer in die Welt des modernen Fallmanagements einführen. Hier möchten wir ausführlich über das Warum, Was und Wie des Fallmanagements berichten und branchenspezifische Beispiele dafür vorstellen, wie Organisationen ihren Betrieb und ihre Geschäftstätigkeiten mit diesen digitalen Tools transformieren können.
Zum Abschluss noch ein letzter Gedanke: Viele von Ihnen haben wahrscheinlich in diesem Beitrag zum ersten Mal von Fallmanagement gehört, aber den meisten Menschen ist die “digitale Transformation” ein Begriff. In jeder Branche weltweit ist sie das am meisten diskutierte Thema. Modernes Fallmanagement ist in der Realität die Umsetzung der digitalen Transformation. Es vereint moderne Verfahren, Techniken und Konzepte mit neuesten Technologien und Tools und führt so zu echter digitaler Transformation und merklichen Geschäftsvorteilen.
Wenn Ihnen der Begriff “Fallmanagement” also zu langweilig ist, bezeichnen Sie es doch als den ersten Schritt auf dem Weg zur digitalen Transformation.